Programm Kino und Kirche
Wenn nichts anderes beschrieben wird, beginnen alle Filme um 20.15 Uhr in den Lichtspielen Mössingen
Freitag, 27.09.2024
EIN LEBEN FÜR DIE MENSCHLICHKEIT – ABBÉ PIERRE (Frankreich, 2023)
(137 Minuten/ab 12)
Regie: Frédéric Tellier
Der katholische Priester Henri Antoine Grouès (1912-2007) erhielt den Spitznamen „Abbé Pierre“, als er im Zweiten Weltkrieg bei der französischen Résistance jüdischen und politischen Flüchtlingen half. 1949 gründet er die Emmaus-Gemeinschaft gegen Armut und Obdachlosigkeit, die weltweit Fuß fasste. Das biografische Drama folgt chronologisch den wichtigsten Lebensstationen von Abbé Pierre und stellt neben seine guten Taten auch Szenen aus Privat- und Innenleben, Zweifel und Ängste. Opulent ausgestattet und sorgfältig inszeniert, appelliert es für eine bessere Gesellschaft und erklärt, dass der Kampf gegen Ungerechtigkeit und Armut nie gewonnen werden kann, aber gleichwohl geführt werden muss.
Freitag, 25.10.2024 IN ZUSAMMENARBEIT MIT AMNESTY INTERNATIONAL:
TATAMI (USA/Großbritannien/Georgien, 2023)
(104 Minuten/ab 12)
Regie: Zar Amir,Guy Nattif
Bei den Judo-Weltmeisterschaften im georgischen Tiflis tritt eine iranische Judoka mit Medaillenchancen an. Als sich jedoch abzeichnet, dass sie im Turnierverlauf auch auf eine israelische Sportlerin treffen könnte, reagiert das Regime in Teheran. Die Judoka soll eine Verletzung vortäuschen und ausscheiden, doch diese weigert sich, auch als die Funktionäre den Druck immer mehr erhöhen. Der Polit- und Sport-Thriller nutzt die Spannungsmittel von Zeitdruck und Kampfszenen, um eine heroische Geschichte über (weiblichen) Widerstand gegen ein diktatorisches Regime zu erzählen. Mit kontrastreichen Schwarz-weiß-Bildern und intensiver Rauminszenierung macht er die Grenzsituation für die Judoka und ihre Trainerin hautnah spürbar.
Freitag, 15.11.2024 IM RAHMEN DER ÖKUMENISCHEN FRIEDENSDEKADE:
GOODBYE JULIA (Sudan/Schweden/Deutschland/Saudi-Arabien, 2023)
(125 Minuten/ab 12)
Regie: Mohamed Kordofani
Eine muslimische Sängerin aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum schleicht sich im Jahr 2005 während der ethnischen Unruhen ab und an aus dem Haus, um Musik-Cafés zu besuchen. Als sie dabei einen Jungen anfährt und von dessen Vater verfolgt wird, tötet ihr Gatte den Mann. Wie viele christliche Südsudanesen wird der Tote anonym in einem Massengrab beerdigt. Die Sängerin nimmt jedoch die Witwe des Toten sowie den Sohn bei sich auf und freundet sich in den folgenden Jahren mit ihr an.
Das präzise inszenierte Drama entfaltet sich zwischen krimihafter Spannung und eindringlichen sozialen Anklagen. Dabei stehen weniger die historischen Details als vielmehr die Auswirkungen der politischen Spannungen auf das Zusammenleben der Menschen im Zentrum, vor deren Hintergrund sich die Botschaft der Versöhnung entfaltet.
Freitag, 29.11.2024
IN LIEBE, EURE HILDE (Deutschland, 2024)
(125 Minuten/ab 12)
Regie: Andreas Dresen
Ein biografisches Drama um die NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi (1909-1943), die zusammen mit ihrem Mann Hans Coppi zur „Roten Kapelle“ gehörte. Der Film zeichnet ihre letzten Lebensmonate von der Verhaftung 1942 über die Haft im Frauengefängnis Barnimstraße, wo sie einen Sohn zur Welt bringt, bis zur Hinrichtung durch das Fallbeil in Berlin-Plötzensee nach. Die Montage kreuzt dies a-chronologisch mit Impressionen aus der Vorgeschichte des Paares, die um das Kennenlernen und den gemeinsamen Widerstand kreisen.
Der hoffnungs- und lebensvolle Erzähltonfall dieser Rückblenden, die in der Seenlandschaft um Berlin angesiedelt sind, dient als markante Kontrastfolie zur erschütternden Passionsgeschichte, die Coppi ohne Effekthascherei als Opfer- und Märtyrerinnenfigur zeichnet, an deren Schicksal sich die Unmenschlichkeit des NS-Regimes offenbart.
Freitag, 20.12.2024
KARL VALENTIN - DIE BELIEBTESTEN KURZFILME (Deutschland, 1932-1936)
(115 Minuten/ab 0)
Regie: Karl Valentin,Carl Lamac,Karl Ritter, Hans H. Zerlett,Jacob Geis
Der Münchener Humorist Karl Valentin, der mit seiner Spielpartnerin Liesl Karlstadt ab 1911 in vielen Sketchen auftrat, inspirierte Komiker wie Loriot und Gerhard Polt. Die fünf restaurierten Kurzfilme zeigen den hintergründig-naiven Witz des kauzigen Sonderlings. Die Filme von Karl Valentin und Liesl Karlstadt wurden oftmals in technisch unzulänglichen Versionen gezeigt. Denn die Negative sind meist vernichtet, der Großteil der Vorführkopien verschwunden. Für dieses Kurzfilmprogramm wurden sämtliche Kurztonfilme vom jeweils besten verfügbaren Material komplett neu digitalisiert. Das Programm besteht aus den Kurzfilmen „Im Photoatelier“ (1932), „Orchesterprobe“ (1933), „Im Schallplattenladen“ (1933/34), „Der Firmling“ (1934) und „Die Erbschaft“ (1936).
Freitag, 31.01.2025
DIE KINDER AUS KORNTAL (Deutschland, 2024)
(90 Minuten/ab 12)
Regie: Julia Charakter
Ein ergreifend schmerzhafter Dokumentarfilm gegen das Vergessen, der leise erzählt umso stärker nachhallt. Empathisch und respektvoll spürt Regisseurin Julia Charakter darin Missbrauchsfällen von Kindern und Jugendlichen in den Kinderheimen der Evangelischen Brüdergemeinde und ihrer Diakonie in Korntal und Wilhelmsdorf nach.
Ab den 1950er Jahren wurden in den dortigen Heimen der pietistischen Brüdergemeinde Hunderte Kinder missbraucht, sie mussten Zwangsarbeit, körperliche Züchtigung und sexualisierte Gewalt über sich ergehen lassen. 2013 wird der Skandal öffentlich. Bis heute haben mehr als 150 ehemalige Heimkinder ihr Schweigen gebrochen, mehr als 80 Täter:innen konnten ermittelt werden. Die 9.000-Seelen-Gemeinde reagiert zunächst mit Zweifel und Ablehnung auf die Vorwürfe. Doch der Druck auf die Brüdergemeinde wächst. Ein Aufarbeitungsprozess wird eingeleitet, aber Vorgehensweise und Entschädigungssummen sind umstritten. Viele Betroffene kämpfen weiter um Gehör, Anerkennung, Respekt und Würde.
Freitag, 28.02.2025 IN ZUSAMMENARBEIT MIT AMNESTY INTERNATIONAL:
DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS (Iran/Deutschland/Frankreich, 2024)
(168 Minuten/ab 12)
Regie: Mohammad Rasoulof
Ein iranischer Jurist wird zum Untersuchungsrichter am Revolutionsgericht in Teheran berufen, was für seine Familie finanzielle Vorteile mit sich bringt. Dass er jetzt auch Todesurteile unterschreibt, verheimlicht er vor seinen Töchtern. Während der blutigen Proteste gegen den Tod der Jugendlichen Jina Mahsa Amini im September 2022 kommt es jedoch auch innerhalb der Familie zu Spannungen und heftigen Diskussionen. Als die Waffe des Richters verschwindet, glaubt er, dass eine seine Töchter dahintersteckt und beginnt seine Angehörigen zu terrorisieren. Schritt für Schritt werden die Normen und Regeln des Familienlebens außer Kraft gesetzt.
Der inzwischen aus dem Iran nach Deutschland geflüchtete Regisseur Mohammad Rasoulof erzählt auf subtile Weise von den Rissen innerhalb einer Familie, die stellvertretend sind für die Risse innerhalb der iranischen Gesellschaft. Ein meisterhaft inszenierter und berührend gespielter Film, der Szenen findet, die bleiben. Die beiden aufbegehrenden Töchter stehen für die mutigen Frauen des Iran und ihren aufopferungsvollen Kampf gegen die Patriarchen ihrer Familien wie ihres Staates.
Die Saat des heiligen Feigenbaumswurde in Cannes mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet und im August als deutscher Beitrag für die Oscars 2025 ausgewählt.