Mittsommer 2021

Am 21. Juni findet die Sommersonnenwende statt. Es ist die Zeit, in der die Glühwürmchen die Nacht verzaubern und das Johanniskraut blüht. In dieser Nacht erleben wir den längsten Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. Die Sommersonnenwende ist ebenso wie ihr Pendant im Winter (die Wintersonnenwende kurz vor Weihnachten) ein bedeutender Zeit­punkt im Jahreskreislauf. Vielfältig und mit Feuer feiern europäische Völker die Sonnen­wen­de. Zur astronomischen Sonnenwende feiern viele europäische Länder diesen Wandel der Natur mit uralten Bräuchen. Ein Fest des Lichts und des hellen Sommers, des aufblühenden Lebens und des Neubeginns.

Während in den Alpen große Feuer von den Bergen leuch­ten, werden im Flachland haus­hohe Holzstapel zum Brennen gebracht, und im skan­di­na­vischen Raum wird zu traditio-
nellen Liedern rund um den Midsommarbaum in die helle Nacht getanzt. Zum längsten Tag des Jahres geht in Europas Norden die Sonne nur kurz unter, es wird kaum richtig dunkel. Nach den Weihnachtsfeiertagen ist das Mittsommer-fest oder auch der „midsommar“ das bedeutendste Ereignis für die Skandinavier.
So auch für die Finnen: Alle sitzen zusammen und eine spürbare Fröhlichkeit liegt über den Menschen. Wer nicht aufs Land oder an die Seen oder die Küste gefahren ist, nutzt jede noch so kleine Grünfläche in den Parks der Stadt für ein Picknick. Eine Tischdecke, Essen und Trinken darauf, viele spontane Tischgemeinschaften. Man teilt das mitgebrachte Essen, so als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. „Wir brauchen das!“, sagen die Finnen: die Sehnsucht nach Gemeinschaft, die Bereitschaft zum Teilen. In Schweden gibt es sogar ein Wort dafür: Fika, eigentlich das Wort für Kaffee, bezeichnet nicht nur das Getränk. Sondern Fika steht für viel mehr: für Beisammensein, den Austausch, das gemeinsame Lachen und Weinen, zusammen mit anderen.

Und warum? Im Mittsommer wird das deutlich: „Wir haben so lange Dunkelheit, kennen Tage, an denen es nur wenige Stunden hell ist. Deshalb nützen wir jede Stunde und genie­ßen den Mittsommer so“, sagen die Finnen. Und bauen auf dem Hauptboulevard von Helsinki eine lange weiße Tafel über fast einen Kilometer. Vom Hafen hinauf in die Altstadt. Mit Kerzen­leuchtern und Bänken und Stühlen. Bereit für die, die diesen Abend gemeinsam feiern wollen. Von mehreren Bühnen ertönt Musik. Straßenartisten zeigen ihre Kunst und von überall kommen Menschen mit Körben und Taschen, um die lange Tafel mit Köstlichkeiten und Getränken zu füllen. Ein langes Band der Freude und Gemeinschaft quer durch die Stadt. Ein besonderer Abend am längsten Tag des Jahres.

Und dann gibt es da noch die Legende, die besagt, dass junge Mädchen sieben verschie­de­ne Wiesenblumen pflücken, zu Kränzen flechten und in der Sonnwendnacht unter ihr Kopfkissen legen sollten, dann würde ihnen im Traum ihr künftiger Ehemann erscheinen.

Lassen Sie uns diese Tradition leicht abwandeln.
Lassen Sie und im Rahmen der uns derzeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein „kleines“ Mittsommerfest feiern: vielleicht auf der Terrasse oder sogar als Picknick im Grünen.
Lassen Sie uns beim abendlichen Spaziergang auf Glühwürmchensuche gehen und vielleicht auch Blumen pflücken.
Und lassen Sie uns diese unter unser Kopfkissen legen und nicht vom künftigen Ehemann, aber vom Neubeginn und von Festen voller fröhlicher Spontanität und Lebensfreude träu­men: mit Tisch und Tafel, und Zeit, um die Gemeinschaft mit anderen zu genießen und Gott in unserer Mitte aufleben zu lassen.
(In Anlehnung an eine Morgenandacht von Pfr. Christoph Breit)

Oder wie Tina Willms es ausdrückt:

Im Juni
Länger die Tage,
leichter das Licht,
weiter der Raum.

Zeit,
aus der Dunkelheit zu treten,
den Morgen zu begrüßen,
das Haus zu verlassen.

Ich wünsche dir,
dass Gott dich
immer wieder
ins Weite lockt
und du Heimat findest
unter dem Himmelszelt bei ihm.

Beate Harder