Karsamstag

Die große Generalpause

Karsamstag (Lk 23,54-24,1) 
Die große Generalpause. Wenn in Beethovens Missa Solemnis das Crucifixus mit seiner letzten Zeile "et sepultus est" leise ausklingt, halten alle den Atem an, eine kurze Generalpause, bevor der Chor mit dem "et resurrexit" wieder machtvoll einsetzt. Der einzige Evangelist, der diese Generalpause, den Sabbat zwischen Jesu Todestag und dem nachfolgenden „ersten Tag der Woche“ würdigt, ist Lukas: „Dann kehrten die Frauen um und bereiteten Gewürze und Duftöle. Am Sabbat aber ruhten sie gemäß der Tora“ (Lk 23,56). Johannes überspringt den Tag, Markus blickt wenigstens zurück (16,1: „als der Sabbat vorüber war“), wohingegen Matthäus zu einer bösen Polemik gegen die hohen Priester ausholt: Trotz Sabbat sollen sie angeblich zu Pilatus gelaufen sein, um ihn aufzufordern, eine Wache vor dem Grab Jesu zu postieren (Mt 27,62-66). Für Lukas sind die Frauen aus Galiläa, die Jesus nach Jerusalem gefolgt waren, fromme Jüdinnen, die sich an das Ruhegebot der Tora halten. Damit ehren sie Gott noch in seinem Schweigen. Nur ihre Absicht bleibt, dem Toten, sobald möglich, ihre Liebe zu bekunden.
Der Text ist sprachlos, die Generalpause scheint kurz, kann sich aber endlos dehnen. Den schweigenden Gott aufgeben? Machen wir uns nichts vor: Unsere Gebete sind nichts anderes als „Worte ins Schweigen“ (Karl Rahner).

Prof. Michael Theobald