Karfreitag

Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf (Johannes 19,30)

Karfreitag (Joh 18,1-19,42) - Das Schweigen Jesu 
Sokrates hat sich, folgen wir Platon, nach allen Regeln der Kunst vor seinen Richtern verteidigt. Jesus dagegen schwieg, jedenfalls nach Markus, Matthäus und Lukas. Nur auf die Frage seines Richters, ob er der König der Juden sei, antwortet er lakonisch: „Du sagst es“. Bei Johannes ist dies anders: Schon den Hohenpriester brüskiert Jesus, als er ihm auf die Frage nach seiner Lehre antwortet, er möge sich an die wenden, die ihn gehört haben; alle Welt wüsste doch, was er gelehrt hat. Von einem Diener misshandelt, entgegnet er: „Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach; wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?“ (Joh 18,23). Gründe will Jesus, keine Fäuste. Die Pilatus-Frage, ob er der König der Juden sei, beantwortet er, indem er differenziert: König ja! Aber allen weltlichen Herrschaftsgebarens bloß, dafür bekleidet mit der Hoheit dessen, der die Wahrheit spricht (Joh 18,36f.). Den Richter belehrt er: Die „Macht“, die er über ihn hat, ist kein imperiales Mandat, sondern „von oben“ verliehen (Joh 19,10f.). Was Johannes inszeniert, ist der Antike wohlbekannt: die Überlegenheit des Weisen oder Philosophen über den Herrscher, jetzt noch radikalisiert, denn Jesus ist in Person die Wahrheit (Joh 14,6), steht ein für die letzte Wirklichkeit Gottes. Johannes kennt die Leerstellen jeglichen Disputs. Es gibt Fragen, auf die es keine Antworten gibt, nur beredtes Schweigen. „Woher bist du?“ fragt Pilatus. Jesus schweigt (Joh 19,9). Alles Argumentieren hat da ein Ende, wo es vor das Geheimnis der Wirklichkeit gerät. Von dort her kommt Jesus und auf dieses Geheimnis geht er zu. Auch uns führt das Evangelium an diese Schwelle, wenn es Negationen zwei bemüht (Joh 18,36: „nicht von hier“) und metaphorisch spricht (19,11: „von oben“). Pilatus stellt seine berühmte Frage: „Was ist Wahrheit?“ und weicht ihr zugleich aus. Ein Denken, das auf Absicherung und Beherrschung bedacht ist, sich gegen Unvorhergesehenes abschottet, hindert, das Wagnis des Glaubens einzugehen. Gerade dazu aber ermuntert der johanneische Jesus.

Prof. Michael Theobald

 

Gott,
wir bitten dich um deinen Segen
für uns und die ganze Welt.
In allem Scheitern, Versagen und Sterben
hoffen wir auf eine Kraft, wie die deine.
In aller Sorge, Furcht und Ohnmacht
hoffen wir auf einen Mut, wie den deinen.
In allem Streit, Hass und Verfehlen
hoffen wir auf eine Liebe, wie die deine.
Damit auch wir vollbringen,
wozu du uns erschaffen hast.

Kinderkreuzweg