Frohe Weihnachten

Wir wünschen Ihnen allen ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest! Ihr Pastoralteam

Foto: Josef Thalmüller
Foto: Josef Thalmüller

Liebe Gemeinde!
Die Welt gerät - so scheint es - völlig aus den Fugen, und wir singen im Schein der Kerzen vom „holden Knaben im lockigen Haar“. Wir sehen Flüchtlingsströme ohne Ende, Krieg, Zerstörung und unseliges Leid, nicht nur durch die Corona-Pandemie - und schwärmen von der Idylle einer „fröhlichen, seligen, gnadenbringenden Weihnachtszeit“.
Stimmt das, was wir an diesen festlichen Tagen tun? Machen wir uns etwas vor, wenn wir behaupten: „Christ, der Retter ist da“? Was sollen wir tun? Verstummen oder weitersingen? Klagen oder feiern? Für mich gibt es nur eine Antwort auf diese Fragen: Weihnachten - jetzt erst recht! - Weil wir dieses Fest mit seinen Visionen und Hoffnungsbildern brauchen.
„Ohne Visionen verkommen die Menschen“ - heißt es im Buch der Sprichwörter (Kapitel 29,18). Wenn wir uns nicht eine Welt ohne Hass und Krieg vorstellen; wenn wir uns nicht ausmalen, wie ein harmonisches Zusammenleben im Kleinen wie im Großen gelingen könnte; wenn wir keine Vision haben, wie eine Gemeinschaft aussehen müsste, in der man fair, ehrlich und gerecht miteinander umgeht - dann verkommen wir; dann dümpelt unser Leben ziellos und orientierungslos vor sich hin; dann versinken wir in Lethargie und Gleichgültigkeit.
Deshalb brauchen wir dieses Fest mit seinem Traum von Harmonie und Frieden, mit seiner Sehnsucht nach einer anderen und besseren, nach einer heilen Welt.
Weihnachten - jetzt erst recht! - Weil wir den Geburtstag des Menschen feiern müssen, der den Friedenstraum des Jesaja nicht nur weitererzählt, sondern vorgelebt hat; der durch sein Handeln und durch sein Verhalten gezeigt hat, wie ein gutes und respektvolles Zusammenleben der Menschen aussehen könnte.
„Worte belehren, Beispiele begeistern“ - lautet ein altes lateinisches Sprichwort. Und genau das ist der Schlüssel zum Leben Jesu: Was er sagt, das tut er auch. Wie er auf die Menschen zugeht, fasziniert. Wenn er sie berührt, geraten sie in Bewegung. Seit Jahrhunderten zieht er Menschen in seinen Bann und motiviert sie zu Solidarität und Nächstenliebe. Weil wir an keinem anderen so gut ablesen können, wie der Friedenstraum des Jesaja Hand und Fuß bekommt, danken wir ihm für sein Kommen in unsere Welt und singen von unserer Hoffnung, dass er auch uns mit seinen Überzeugungen und Vorstellungen ansteckt und mitreißt.
Weihnachten - jetzt erst recht! - Weil wir mit unserer Sehnsucht nach Harmonie nicht allein bleiben wollen. Weil wir spüren möchten, dass andere den Traum des Friedens mit uns zusammen träumen.
„Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, ist das der Anfang einer neuen Wirklichkeit“ - sagt Dom Helder Camara.
An Weihnachten teilen wir mit vielen die Hoffnung auf eine friedvolle Welt, die auf den Werten und Maßstäben Jesu aufgebaut ist. Wir bestärken uns gegenseitig in unserem Vertrauen, dass sich in der Welt etwas ändern kann, wenn viele sich die Vision unseres Geburtstagskindes zu eigen machen. Unsere Welt ist keine heile Welt. Umso mehr müssen wir, wenn wir das Geburtsfest Jesu feiern, auf das Beispiel seines Lebens schauen und uns von ihm begeistern lassen, von seiner herzlichen, zupackenden Art. Manche fühlen sich überfordert und meinen: „Was kann ich allein denn schon ausrichten?“ - Umso mehr müssen wir miteinander den Traum von einer besseren Welt träumen und darauf vertrauen, dass damit schon eine neue Wirklichkeit angefangen hat.
Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes und visionäres Weihnachtsfest!

Ihr Pfarrer Ambros Tungl